Einhundert Jahre katholische Kirchengemeinde ist eine spannende und wechselhafte Geschichte, deren Darstellung den Rahmen einer Festschrift sprengt, eine Geschichte mit vielen Höhen und Tiefen, mit Zeiten des Wohlstands, aber auch bitterer Armut und zwei Weltkriegen mit seinen noch bis in unsere Zeit spürbaren Folgen. All dieses hinterließ auch seine Spuren im kirchlichen Raum. Vieles hat sich in den vergangenen hundert Jahren gewandelt, doch eines ist geblieben: Der Glaube an den auferstandenen Herrn Jesus Christus. Denn Gemeinde ist kein Selbstzweck, sondern steht immer im Dienst des gelebten und bezeugten Glaubens, Gemeinde ist auch keine abstrakte Größe, sondern das Zusammenwirken aller, die sich hier – ehren- oder hauptamtlich – engagiert haben und bis heute engagieren.*
Die Zeit bis zur Gründung unserer Pfarrgemeinde und die Entstehung der Rektorats- und Pfarrkirche St. Josef

Dementsprechend erhöhte sich die Bevölkerung in diesen wenigen Jahren enorm und stieg von 1409 Einwohnern (1899) innerhalb von zehn Jahren für das Gebiet der heutigen Stadt auf 7.655 Einwohner an. Der große Bedarf an Arbeitskräften konnte nur durch zahlreiche Zuwanderer aus den östlichen Provinzen, aber auch durch die

Bedingt durch den starken Zuzug von Arbeitskräften mit ihren Familien setzte ein reger Siedlungsbetrieb mit seinen noch heute das Stadtbild prägenden Zechensiedlungen ein. Zur besseren Betreuung der neuen Pfarrangehörigen wurde der Bau einer Kirche im Ortsteil Erkenschwick dringend erforderlich. Bereits 1906 rief Vikar Pricking von Oer den „Kirchbauverein Erkenschwick – Rapen“ ins Leben. Mit der Errichtung eines saalähnlichen Notbaues, für den der Kirchbauverein die Bauerlaubnis erwirkt hatte, wurde gegen den Widerstand des Horneburger Kirchenvorstands umgehend begonnen. In kürzester Zeit konnte an der heutigen Kirchstraße die Notkirche durch den Bauunternehmer Peter Tappe fertig gestellt. Am 3. Mai 1908 wurde sie dem heiligen Josef geweiht. Mit dem Schreiben vom 1. Juli 1908 wurden Rektor Franz Althoff die Wahrnehmung aller seelsorgerischen Aufgaben übertragen. Erst 1958 wurde das Patronatsfest vom 19.3. auf den 1.5., das neu eingeführte Fest „Josef der Arbeiter“ verlegt. Somit kann die Kirchengemeinde St. Josef 2008 auf die 100jährige Wiederkehr ihrer Gründung zurück blicken, wenngleich die Notkirche zunächst als Rektorats- und Filialkirche der Pfarrgemeinde Horneburg geführt wurde.
Es begann ein reges Gemeindeleben. Der kath. Kirchenchor „Cäcilia“ wurde be

Die Rektoratskirche hatte als Filialkirche der Pfarrgemeinde Horneburg nur drei Jahre Bestand. Nach wiederum schwierigen Verhandlungen mit der Pfarrgemeinde Horneburg wurde am 31.03.1911 die Rektoratskirche zur eigenständigen Pfarrei St. Josef ernannt. Gebiete, die bislang nach Oer und nach Datteln gehört hatten, wurden der neuen Gemeinde zugeordnet.
Die Gemeinde zwischen den beiden Weltkriegen: Gute und schlechte Zeiten: Wachstum der Gemeinde und Wirtschaftskrise
1912 tritt Pfarrer Frans Roters seinen Dienst an. Unter seiner Leitung wurde 1913 das Schwesternhaus auf dem Grundstück der Kirchengemeinde errichtet. Die Aufgaben übernahmen die Schwestern aus dem Orden der „Göttlichen Vorsehung“ aus Münster. Dieses Haus war eine Reaktion auf die großen sozialen Probleme der neuen


Der massive Anstieg der Bevölkerung erforderte eine Reihe von Maßnahmen in der Infrastruktur. Neben dem Straßenbau war es vor allem die elektrische Straßenbahn (1909), die die Mobilität der Bevölkerung verbesserte: Zunächst führte sie von Recklinghausen nach Erkenschwick und ab 1913 bis nach Datteln. Weder der Krieg noch verschiedene Streiks konnten den weitern Aufschwung des Bergbaues behindern, da man die Kohle ja dringend benötigte. So erhöhte sich die Anzahl der Belegschaftsmitglieder bis zum Jahr 1921 auf über 3 800 Mitarbeiter. Dennoch litt die Bevölkerung in hohem Maße, da sämtliche Ressourcen für die Kriegsführung und die Kriegsfolgekosten aufgewandt werden musste. Deshalb bedeutete für die Bevölkerung die Nachkriegszeit keine wirtschaftliche Erholung, war doch diese Zeit durch verschiedene Streiks, insbesondere aber durch die französische Besatzung der Ruhr und durch die Inflation gekennzeichnet. Erst mit Einführung der Reichsmark 1924 stabilisierte sich das wirtschaftliche Leben allmählich wieder. Auch Privatpersonen bauten nun Häuser und halfen mit, den großen Wohnungsbedarf zu decken. Das Handwerk kam in dieser Zeit zu seiner ersten Blüte und geschäftstüchtige Einheimische und Händler eröffneten Geschäfte um den nötigen Bedarf zu decken.

Nach Auflösung des Amtes Recklinghausen im Jahr 1926 wurde Oer unter Ausgliederung von Sinsen mit Erkenschwick und Rapen zu einer neuen Gemeinde mit dem Namen „Oer-Erkenschwick“ zusammengefasst, die zunächst dem Amt Datteln angegliedert wurde. Inzwischen zählte die Gemeinde 15.433 Einwohner, die Kohleförderung stieg auf über 1,1 Mill. Tonnen, die Belegschaft der Zeche wuchs auf rund 4.200 Beschäftigte. Diese Blütezeit dauerte nicht lange an. Die Zeche musste mit Absatzschwierigkeiten kämpfen. Es kam zu immer neuen Entlassungen, bis am 1.7.1931 die Zeche von der völligen Stilllegung getroffen wurde; die Förderung wurde erst im Jahre 1938 wieder aufgenommen. Ende 1932 lebten 9.945 Personen, fast zwei Drittel der Gesamtbevölkerung von öffentlicher Unterstützung. Oer-Erkenschwick gelangte in den Ruf, die „ärmste Gemeinde Preußens“ zu sein.
Die Gemeindearbeit bestand in dieser Zeit im Grunde genommen aus zwei Fundamenten: Aus sozialem Engagement durch die verschiedenen Vereine - die Gründung des „Elisabethvereins“ Ende 1930 ist eine Reaktion auf diese unvorstellbare Verarmung eines Großteils der Bevölkerung - und durch religiöse Unterweisung: Volksmissionen, religiöse Wochen, Einkehrtage und vor allem Spendung der Sakramente. Dass das zu deutlichen Spannungen in einer schon damals weltanschaulich pluralistisch geprägten Stadt geführt hat, belegt ein Zitat aus der Pfarrchronik von Franz Rahmacher aus dem Jahr 1935, der den Beginn der Dreißiger Jahre so beschreibt: „… in einer Zeit, in der mehr denn je religiöser Hass und Intoleranz und vor allem neuheidnischer Unglaube auf frivolste und zynischste Art Sturm laufen gegen traditionelles, altererbtes Glaubensgut unserer christlichen Vorfahren…“ Der Chronist macht keine Andeutung, welche Strömungen er meint, wobei nicht ausgeschlossen werden kann, dass er bereits die Gräuel der Nazis im Blick hat, für deren Schreckensherrschaft auch die soziale Not und das sinkende Vertrauen der Bürger in die zerstrittenen Parteien der Weimarer Republik zum Nährboden wurde.
1933 - 1945 Wachsende Repressalien, das Elend des 2. Weltkriegs und Neuanfang
Schon bald nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten kam es zu

Das kirchliche Leben geschieht in dieser Zeit weitestgehend im „Binnenraum“, bemüht sich aber um Normalität. Massive Einbrüche in der Gottesdienstbesucherzahl sind ab 1939 zu verzeichnen. Bis zum Jahre 1945 wurde die Gemeinde Ziel etlicher alliierter Bombenangriffe, die nicht nur der Zeche, sondern ebenso auch der Wohnbevölkerung galten. Durch den Krieg waren 681 Gefallene und Vermisste zu beklagen. Mit der Kapitulation und dem Einmarsch alliierter Truppen 1945 war der Krieg vorüber, doch das Elend noch lange nicht beendet. Die Wohnverhältnisse waren in der stark zerstörten Stadt katastrophal. Insbesondere fehlte es an Nahrung, B

Im kirchlichen Leben findet 1949 nach 13 Jahren wieder eine Volksmission statt. Die Einladung spricht eine deutliche Sprache: „Die modernen Weltanschauungen, losgelöst von Gott und jeder sittlichen Ordnung … haben die Menschen in einen hoffnungslosen Abgrund gestürzt.“ Die Mission für Erwachsene ist ein dichtes Programm mit Missions- und Standespredigten, Hl. Messen und umfänglichen Beichtzeiten. Die Kirchenbesucherzahl liegt allerdings schon damals nur noch bei rund 30 %, Tendenz fallend: Die praktizierenden Katholiken befinden sich bereits deutlich in der Minderheit.
„Die Welt geht in rasendem Tempo einer Neugestaltung entgegen“ (Michael Keller) – Die Zeit des Wiederaufbaus – der Bau der St. Marienkirche und der Neubau von St. Josef
Im Mai 1951 wird Pfarrer Ludger Hartmer Nachfolger von Theodor Alt-Epping, der

1964, so berichtet die Zeitung, geschieht die Erstkommunionfeier in „neuartiger Form“: „Die Kinder kamen einzeln, jedes in Begleitung von Vater und Mutter oder wenigstens eines Elternteils, die große Wachskerze… fehlte überall… Kein Geheimnis, dass die Kinder über den Fortfall der festlichen Abholung und der Wachskerze etwas traurig sind.“ Im gleichen Jahr wird der Chorraum der Kirche umgestaltet. Der neue Altar, in „strenger Einfachheit“, wie die Zeitung anmerkt, ist „so weit wie möglich nach vorn gerückt“. Das Zweite Vatikanische Konzil ist nicht nur ein Aufbruch, sondern auch und vor allem eine Antwort auf die bereits in den 50er Jahren deutlich erkennbaren Probleme des kirchlichen Lebens, wofür der Rückgang der Kirchenbesucherzahl nur eines von vielen Symptomen ist.

Das nächste wichtige Ziel war es, für die 1908 errichtete Notkirche St. Josef einen geeigneten Ersatz zu schaffen. Inzwischen waren Kirche und Pfarrhaus enorm reparaturbedürftig, zudem stand durch die Abpfarrung von St. Marien die St. Josefskirche nun ganz am östlichen Rand der neuen Pfarrgrenzen. Wie sehr die Gemeindemitglieder an dem Bauvorhaben Anteil nahmen, beweist die Spendenbereitschaft: Bis Oktober 1970 waren bereits 100 000 DM eingegangen. Wegen der erforderlichen hohen Eigenleistung von 200 000 DM für das gesamte Projekt erteilte das Generalvikariat zunächst eine Baugenehmigung mit der Einschränkung, das Pfarrheim wegen der Finanzierung auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben und auf einen Glockenturm zu verzichten. So wurde zunächst der Bau des Kindergartens in Angriff genommen, der bereits am 15.10.1972 seiner Bestimmung übergeben werden konnte. Parallel dazu entstand der Neubau der Kirche: Am 25.9.1971 wurde Richtfest gefeiert. Am 1.10.1972 weihte Bischof Heinrich Tenbumberg das von Prof. Schürmann geplante neue Gotteshauses ein, ein in

Am 1.1. 1973 trat Ludger Hartmer nach 22jähriger Tätigkeit als Pfarrer in den Ruhestand. 1976 feierte er sein goldenes Priesterjubiläum und erhielt im gleichen Jahr das Bundesverdienstkreuz verliehen. Bis zu seinem Tode am 17.6.1986 blieb er in der Gemeinde wohnen.
Während dieser Zeit hatte sich auch unsere Stadt massiv verändert. Die wichtigsten Ereignisse seien hier kurz angerissen: Im Jahre 1953 wurden der Gemeinde Oer-Erkenschwick die Stadtrechte verliehen. Bis 1977 erhöhte sich die Einwohnerzahl auf 26.000. Der Bergbau blieb nach wie vor von immenser Bedeutung. 1953 erreichte die Mitarbeiterzahl ihren Höchststand von 5.566 Beschäftigten. Durch den Kauf des

Diese Zeit des Wachstums konnte jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass der Bergbau und damit der mit Abstand wichtigste Arbeitgeber in der Stadt bereits in den 60er Jahren immer stärker in die Krise geriet. Ein gewaltiger Umstrukturierungsprozess begann, der für viele Arbeitnehmer Umschulung, vorzeitigen Ruhestand, befürchtete und tatsächliche Arbeitslosigkeit bedeutete und vor allem Flexibilität verlangte. Ab 1977 wurde die im heimischen Grubenfeld gewonnene Kohle nicht mehr in Oer-Erkenschwick, sondern durch einen fördertechnischen Verbund auf der Schachtanlage Blumenthal in Recklinghausen zu Tage gefördert. Im Jahre 1984 erfolgte die Stilllegung der heimischen Kokerei. 1985 wurde das Zechenkraftwerk geschlossen. Von der nächsten Rationalisierungswelle 1992 wurde unser Bergwerk besonders hart getroffen, da die Schachtanlage ihre Eigenständigkeit verlor und mit der benachbarten Schachtanlage Blumenthal zusammengelegt wurde. Die noch lange gehegte Hoffnung auf die Nordwanderung des Bergbaues wurde durch die nächste Kohlerunde 1997 begraben. Das Abbaufeld unter der Haard wurde stillgelegt und der noch 1983 errichtete Schacht in der Haard konserviert. Damit war Oer-Erkenschwick nach fast 100 Jahren quasi keine Bergbaustadt mehr und eine lange Tradition ging zu Ende.
Abschied von der Utopie Volkskirche – Profil in einem schwierigen Umfeld
Am 7.1.1973 wird Ernst Föcking als Nachfolger von Pfarrer Ludger Hartmer in sein Amt


Ergänzt wurde es zunächst 1983 durch den Glockenturm: Der Entwurf von Professor Schürmann sah vor, in einem ca. 20 Meter hohen Stahlgerüst die drei noch vorhandenen Glocken der alten St. Josef Kirche fest zu verankern. Pünktlich zum 75. Gemeindejubiläum wurde der Glockenturm errichtet. Nachdem in die Glocken ein Anschlaggeläut eingebaut worden war, läuteten die Glocken erstmals wieder zum Weihnachtsfest 1984. 1993 kam eine kleinere Kapelle für Beichte und Gottesdienste mit kleinen Gruppen hinzu, die die Kirche mit der Sakristei verband.
Am 1.8.1980 trat die erste Pastoralreferentin in unserer Gemeinde ihren Dienst an. Frau Walburga Gries übernahm während ihrer achtzehnjährigen hauptamtlichen Tätigkeit in unserer Gemeinde viele unterschiedliche Aufgaben und ist nach ihrer Pensionierung bis heute ehrenamtlich tätig. Für die Gemeinde

1999 geht Pfarrer Föcking nach Herten-Westerholt in den Ruhestand. Neben der Westerbachschule, wo er mit den vierten Jahrgängen Religionsunterricht und Schulgottesdienste gestaltete, lag ihm insbesondere das Kinderheim am Herzen. Zudem war er sechs Jahre lang Dechant des Dekanats Datteln und einige Jahre Pfarrverwalter von Horneburg. In der Chronik zum 90jährigen Bestehen unserer Gemeinde nimmt er kritisch Stellung zu dem, was er in den 26 Jahren seiner Tätigkeit in der Gemeinde erleben und manchmal auch ertragen musste. „Die Zeichen unserer Zeit – im Gegensatz zur rasanten Aufwärtsentwicklung in Wissenschaft und Technik, in der Medizin und in der Forschung – haben einen unübersehbaren Niedergang. Der Zerfall der Ehe und das Zerbrechen menschlicher Gemeinschaften, das Verschwinden der öffentlichen Moral, das Versinken in Rausch und Drogen, ein nie gekannter Verfall von Werten und vieles mehr .Die Kirche leidet an einem schweren Vertrauensverlust. Der Glaube, der einstmals von Generation zu Generation weitergegeben wurde, wird (oder kann) von einer Elterngeneration, die diesen katholischen Glauben kaum noch praktiziert, nicht mehr vermittelt werden.“ Dennoch kann er Abschied von einer Gemeinde nehmen, die, wie er auch betont, in einem schwierigen Umfeld lebendig geblieben ist und sich nicht zuletzt durch eine enorme Spendenbereitschaft auszeichnet.
„Die Zukunft besteht nicht darin, dass man die Vergangenheit wieder erweckt“ (Jacques Gaillot) – viele Dinge im Fluss


Liesner keinen Nachfolger bekommen wird. Der Pfarrverbandsrat, das Leitungsgremium des bereits 1972 gegründeten Pfarrverbands der vier Oer-Erkenschwicker Pfarreien, diskutiert die vom Bistum zur Beratung vorgelegten Modelle der Kooperation bzw. Fusion. Auch aufgrund personeller Veränderungen in den Nachbargemeinden ergibt sich – wenigstens für die nächsten Jahre - die Einrichtung zweier „Seelsorgeeinheiten“. Möglichkeiten der Zusammenarbeit werden überlegt und zum Teil auch realisiert (Abstimmung der Sonntagsgottesdienstzeiten, Absprachen in der Erstkommunion- und Firmkatechese, gemeinsam mit der evangelischen Gemeinde 2003 das „Jahr der Bibel“ und weitere ökumenische Aktionen). 2004 werden auf Anordnung des Bischofs alle Pfarrverbände aufgelöst: „Die Einrichtung von Pfarreiengemeinschaften und Seelsorgeeinheiten und schließlich die Zusammenlegung von Kirchengemeinden machen die Existenz von Pfarrverbänden weitgehend überflüssig.“ (Kirchliches Amtsblatt 2004, S. 100).
Nach dem Verzicht von Bernhard Liesner im Jahr 2002 auf das Pfarramt in St. Marien wird Clemens Kreiss zusätzlich Pfarrverwalter in St. Marien. Die Pastoralreferenten Claudia und Georg Hülsken werden für beide Gemeinden ernannt. Die Pfarrgemeinderäte von St. Marien und St. Josef tagen zunächst gemeinsam, bis beide Gemeinden im Jahr 2005 nach den neuen Statuten einen neuen „Rat der Seelsorgeeinheit“ wählen. Dieser umfasst deutlich weniger Personen als die bisherigen Pfarrgemeinderäte und bedeutet eine Verlagerung der Arbeit in die Sachausschüsse. In immer mehr Bereichen wird Kooperation praktiziert. Die gemeinsame Fronleichnamsprozession und die Pfarrfeste, die abwechselnd stattfinden, werden als große Bereicherung erlebt. Die Kirchenchöre bündeln ihre Arbeit und proben und singen seit 2006 zusammen. In anderen Bereichen wie der Seniorenarbeit und der KFD behalten die Gemeinden ihre Eigenständigkeit. Eigenständig bleiben auch die Kirchenvorstände.
Seitens des Bistums kristallisiert sich als favorisierte Lösung immer deutlicher die Fusion von

In der Seelsorge zeichnet sich eine immer stärker werdende Kluft zwischen einzelnen volkskirchlichen Formen und einer massiven Diasporasituation ab. Die statistischen Zahlen sind weiter rückläufig, die Zahl der Taufen und Eheschließungen ebenso wie der Gottesdienstbesuch, dessen Altersdurchschnitt erkennbar steigt. Doch selbst die älteren Gottesdienstbesucher sind auch in ihrer Generation längst eine Minderheit. Fast nahezu aus dem Bewusstsein verschwinden das Bußsakrament und der Besuch der Gottesdienste an „kleineren“ Festen ohne staatlichen Feiertag sowie der Werktagsgottesdienste - auch bei den älteren Gemeindemitgliedern, die noch in anderen Traditionen groß geworden sind.
Von der Vergangenheit her betrachtet mögen solche Beobachtungen resignierend klingen. Ohne Einschränkung ist der Feststellung Pfr. Föckings aus dem Jahr 1998 zuzustimmen: „Die Erklärung, dass nur die Kirchlichkeit abnehme, die Gläubigkeit aber noch tief in der Seele verwurzelt sei, ist eine fromme Selbsttäuschung.“ Das Wort des französischen Bischofs Jacques Gaillot mag drastisch klingen, aber es trifft den Kern der Sache: „Ein bestimmter Typus von Kirche liegt im Sterben.“ – aber eben nur ein bestimmter Typus von Kirche, nicht die Kirche selbst. Umso bemerkenswerter bleiben Aufbrüche und Versuche, dem kirchlichen Leben neue Impulse zu geben. Vieles aus dieser Festschrift berichtet darüber und muss hier nicht wiederholt werden. Im sozialen Bereich ist durch die Gründung des „Ladens“ in Zusammenarbeit mit der evangelischen Gemeinde nicht nur ein Projekt reibungsloser ökumenischer Zusammenarbeit entstanden, sondern auch ein Beitrag gegen die immer stärker werdende Verarmung von Teilen der Bevölkerung, der in unserer Stadt einzigartig ist. Auf Stadtebene werden systematisch Gespräche mit Moslems und mit der evangelischen Kirche geführt. Im Vergleich mit dem in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens zurückgehenden ehrenamtlichen Einsatzes gibt es immer noch eine erstaunliche Zahl von Menschen aller Generationen, die zuverlässig und engagiert dafür Sorge tragen, dass Kirche ein „Haus lebendiger Steine“ bleibt. Sie wissen, dass sie, wie es unser Kirchengebäude ausdrückt, auf dem Glauben derer aufbauen, die vor ihnen gelebt haben, damit andere wiederum weiterbauen können. Was wir in hundert Jahren feiern werden, wissen wir nicht. Heute denken wir nicht nur an die Vergangenheit, die von engagierten Gemeindemitgliedern geprägt worden ist, sondern sind vor allem dankbar dafür, dass Kirche ein „Haus lebendiger Steine“ geblieben ist.
Karl-Heinz Wewers, Clemens Kreiss